Ingenieurswissen
Selbstheilungskräfte in Lagern

Selbstheilungskräfte in Lagern

VU091 ist eine neue, schutzrechtlich gesicherte SKF Lagerkonstruktion mit eingebautem „Selbstheilungseffekt“ bei Verschleiß und Spannungskonzentrationen auf den Wälzflächen

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Die neuen Lager VU091 von SKF mit eingebautem „Selbstheilungseffekt“ bieten zahlreiche Vorteile, und dabei ist einfach nur ein herkömmlicher Wälzkörper aus Stahl durch einen Wälzkörper aus hartem keramischen Werkstoff wie Siliziumnitrid in Wälzlagerqualität ersetzt.
Die Keramikkugel poliert gleichsam die Laufbahn und erhält so die Oberfläche stets in ausgezeichnetem Zustand. Sogar beginnende Oberflächenschäden setzen sich nicht fort.Die veränderte Konstruktion erhöht die Verschleißfestigkeit um den Faktor 7 gegenüber normalen Ganzstahllagern. Auch haben umfassende Laborversuche gezeigt, daß die Ermüdungslebensdauer von Lagern VU091 zwei bis drei Mal so hoch ist wie bei Standardlagern. Der „Selbstheilungseffekt“ der Laufbahnen wirkt sich auch günstig auf die Verringerung von Schwingungen (bis zu 50 %) und damit auf den Geräuschpegel aus. Daneben wird durch das stetige Polieren der Keramikkugel die Glätte der Berührungsflächen sichergestellt, so daß die Gebrauchsdauer der neuen Konstruktion in geringerem Maße von der Ausprägung des Schmierfilms abhängt, als es bei Ganzstahllagern der Fall ist.

Getriebe und Kurbelwellen

Lager der Ausführung VU091 könnten gut in Industriegetrieben eingesetzt werden, wo sie mit dem Getriebeöl geschmiert werden. Normalerweise findet man in Getrieben Rillenkugellager, die für hohe Drehzahlen geeignet sind, geringe Reibung aufweisen und auch nur geringe Anforderungen an die Schmierung stellen. Das Öl zur Schmierung und Kühlung der Lager kommt oft von den Zahnrädern, die durch das Ölbad laufen.
Getriebelager leiden oft unter Verunreinigung vom Gußgehäuse und durch Verschleißteilchen von den gehärteten Zahnrädern. Rillenkugellager VU091 spielen sicherlich eine große Rolle beim Aufrüsten von Getrieben und bei Neukonstruktionen. SKF Schrägkugellager und Rollenlager, darunter auch CARBTM-Toroidalrollenlager könnten ebenso in der Ausführung VU091 in Getrieben eingesetzt werden.
Zweirad-Kurbelwellenlager laufen oft unter ähnlich schwierigen Bedingungen wie Getriebelager: mangelhafte Schmierung und verunreinigtes Kraftstoff-Öl-Gemisch vergrößern die Lagerluft und bewirken Laufgeräusch und Ermüdung der Laufbahnen. Hier kann VU091 eine wirtschaftliche und hoch leistungsfähige Lösung bieten. Versuche bei Kunden laufen zur Zeit.

Lager in Fluidmaschinen

In Fluidmaschinen sitzen Lagerungen direkt im oder am Luft- beziehungsweise Flüssigkeitsstrom. Für die Lager ist dies nicht unbedingt günstig, da Schmutzteilchen eindringen und Verschleiß und Ermüdung verursachen können. Lagern der Ausführung VU091 machen solche Verunreinigungen nichts aus, und so ist zu erwarten, daß sie in Lüftern und Pumpen, aber auch in Handwerkzeugen und Holzverarbeitungsmaschinen eingesetzt werden. Elektrische Handwerkzeuge beispielsweise sollen leicht und klein sein und müssen sehr kompakt gebaut werden.
Der Elektromotor kann daher nur mit Luft gekühlt werden, die an den Lagern vorbeiströmt. Dabei besteht die Gefahr, daß Staub oder andere Teilchen durch die Dichtung ins Lager eindringen und durch ihre Schmirgelwirkung die Laufflächen beschädigen.
Das führt dann zu Lagergeräusch und vorzeitigem Ausfall. Mit Lagern VU091 kann man diese Probleme minimieren und längere Lebensdauer und größere Zuverlässigkeit ins Endprodukt „einbauen“. Momentan laufen Versuche mit SKF Kunden zur Bewertung der Beschichtung VU091 in verschiedenen Pumpenanwendungen.

Verschleißfestigkeit

Zunächst wurden die Lager der Ausführung VU091 im Vergleich mit Ganzstahl-Standardlagern, Hybridlagern mit Keramik-Wälzkörpern und Stahllagern mit karbonitrierten Laufbahnen einem Verschleißtest auf der SKF Prüfmaschine Colette (Getriebe) unterworfen. Die Kugellager 6305 laufen dabei in einem verunreinigten Ölbad mit metallischen Teilchen (63 – 64 HRC) bis 50 µm Größe mit einer Konzentration von 600 mg/l. Während der Prüfdauer von 100 Stunden wurde die Zunahme der Lagerluft ständig überwacht. Die kombinierte Axial/Radial-Belastung entsprach einer für Getriebeanwendungen typischen Hertzschen Pressung von 2 GPa (Belastungsverhältnis C/P = 7).
In diesem Verschleißtest ergab sich für VU091 eine Verlängerung der Verschleißlebensdauer um den Faktor 7 gegenüber Ganzstahllagern und um den Faktor 2 gegenüber karbonitrierten Lagern. Diese doch erhebliche Verbesserung kann in Anwendungen von Nutzen sein, bei denen beim Verschleiß der Lager die Leistungsfähigkeit stark abnimmt. Die neuen Lager sorgen für größere Zuverlässigkeit und Genauigkeit im Betrieb und verringern die Wartungskosten.

Ermüdungslebensdauer

Zur Quantifizierung der Vorteile von VU091 wurden die Lager in einer Lebensdauerprüfung Ganzstahllagern gegenübergestellt. Dazu werden unter identischen, kontrollierten Bedingungen mit unterschiedlichen Prüfverfahren zwei Grade von Verunreinigung simuliert.
In der ersten Testreihe wurden bei Rillenkugellagern 6205 in der Mitte der Innenringlaufbahn jeweils drei Eindrückungen angebracht. Diese Eindrückungen waren im Durchschnitt 220 µm breit und 6,6 µm tief. In der zweiten Testreihe liefen die Rillenkugellager 6305 in verunreinigtem Getriebeöl mit sehr harten metallischen Teilchen, ähnlich wie im Verschleißtest. In beiden Testreihen lag eine Hertzsche Pressung von 3 GPa vor (Belastungsverhältnis C/P = 2,8).
Die Lebensdauertestreihen ergaben unter beiden Prüfbedingungen eine wesentlich längere Ermüdungslebensdauer für die VU091-Lager, nämlich im Durchschnitt um den Faktor 2,6 länger. Die Lebensdauerdifferenz ist in beiden Tests gleich, obwohl die Lager 6205 (mit Eindrückungen) unter härteren Bedingungen liefen, denn die Eindrückungen (220 µm im Durchmesser) waren größer als beim verunreinigten Getriebeöl.

Schwingungen und Geräuschentwicklung

Leiser Lauf ist für ein mechanisches System entscheidend, und die Verschlechterung über ein bestimmtes Maß hinaus zeigt das Ende der Gebrauchsdauer an. Bei Verschleiß und Eindrückungen der Laufbahn nimmt das Laufgeräusch schnell zu. Dies tritt besonders in mechanischen Systemen wie Getrieben auf, wo Verunreinigung durch Teilchen oder Mangelschmierung häufiger vorkommen. Wenn geräuscharmer Lauf und lange Gebrauchsdauer gefordert sind, ist es wichtig, daß das Lager seine Genauigkeit beibehält und Schwingungen verringern kann.
Die Fähigkeit eines Lagers, seinen ursprünglichen geräuscharmen Lauf beizubehalten, bestimmt sich durch das Verhältnis des Schwingungspegels vor und nach dem Einbringen genau bestimmter Verunreinigungen (wie in den oben beschriebenen Verschleißtests). Bei der neuen Ausführung VU091 wurde eine entscheidende Abnahme des Geräuschpegels (in der Größenordnung von 50 %) festgestellt. Dies spricht klar für die neue Konstruktion, wenn es bei schwierigsten Umgebungsbedingungen auf geringen Geräuschpegel und Laufruhe ankommt.

Schmierung

Unzureichende Schmierung oder ein geringes Viskositätsverhältnis ist bei VU091 nicht so tragisch. Die Keramikkugel macht die Laufbahn frei von kleineren Verunreinigungen, so daß auch ein äußerst dünner Schmierfilm die Wälzflächen mit ihrer hohen Oberflächengüte zuverlässig trennt. Auch unter Betriebsbedingungen, bei denen normalerweise mit einer kürzeren Lagergebrauchsdauer zu rechnen wäre, ist die Funktionsfähigkeit noch gesichert. Auch Mangelschmierung, wie sie in fettgeschmierten Lagern auftritt, wird über längere Zeit toleriert. In solchen Anwendungen nimmt die Schmierfähigkeit des Fetts aufgrund der Fettalterung ab. Die Gebrauchsdauer eines fettgeschmierten Lagers der Ausführung VU091 ist demnach wesentlich länger als die eines entsprechenden Ganzstahllagers.

Antonio Gabelli,

SKF Engineering Research Centre, Niederlande

und Lars Kahlman, SKF Ceramic Bearings, Schweden

 

 

 

 

 

 

 

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