Weniger Last
Ein schwedischer Kameramann mit Rückenproblemen entwickelte vor rund 20 Jahren mit Easyrig ein innovatives Tragesystem für Kameras. Heute ist seine Lösung an Drehorten in allen Teilen der Welt zu finden.
Fakten
Easyrig
Easyrig ist ein Privatunternehmen mit Sitz im nordschwedischen Umeå. Der Personalbestand von fünf Vollzeitkräften wird im Sommer durch fünf bis sieben Schüler und Studenten als Aushilfen verstärkt.
Easyrig ist in fünf Modellen erhältlich:
– Easyrig 2.5 für weniger anspruchsvolle Anwendungen. Je nach Kameragewicht stehen verschiedene Gasdruckfedern zur Verfügung. Die Obergrenze liegt bei 15 Kilogramm.
– Easyrig 3 Cinema für Kameras mit bis zu 25 Kilogramm Gewicht
– Easyrig Mini, ein Modell speziell für kleinere Kameras bis zu sechs Kilogramm Gewicht
– Easyrig Gimbal Rig für Handheld-Gimbals (dank eines schwenkbaren Stützarms dreht sich die Kamera um eine Achse).
– Easyrig Vario 5 lässt sich auf unterschiedliche Kameragewichte von fünf bis 17 Kilogramm einstellen.
www.easyrig.com
Links
Ansprechpartner Verkauf
Für den Kameramann Johan Hellsten waren die langen Drehtage während der Handball-Weltmeisterschaft 1993 in Schweden eine schmerzliche Erfahrung. Im Auftrag des Schwedischen Fernsehens filmte er zwei bis drei Spiele pro Tag. Das Herumtragen der schweren Kamera auf seiner rechten Schulter bescherte ihm dabei große Schmerzen in Rücken, Schulter und Arm.
„Mir wurde klar, wie viel leichter alles wäre, wenn die Kamera an einem Seil an der Decke hinge“, erinnert sich Hellsten. Als erfahrener Wanderer hätte er es außerdem erheblich angenehmer gefunden, eine so schwere Last wie einen Rucksack auf dem Rücken zu tragen, bei dem das Gewicht zum größten Teil auf die Hüften übertragen wird.
Ausgehend von diesen Gedanken begann er mit der Entwicklung eines Prototyps bestehend aus einem Geschirr für den Oberkörper und einem daran befestigten Galgen, der entlang des Rückens und über den Kopf verlief. Die Kamera hing an einem Seil, das am Galgen mit einer Gasdruckfeder befestigt war.
„Die Konstruktion funktionierte schließlich genau, wie ich mir das vorgestellt hatte“, erzählt Hellsten. „Sie entlastete meine Schulter und erleichterte das Tragen der Kamera.“
Andere Kameraleute bemerkten schon bald seine Eigenkonstruktion und baten ihn, für sie eine ähnliche Vorrichtung zu bauen.
„Das war der eigentliche Beginn von Easyrig. Ich fing an, Rigs in meiner Freizeit zu bauen – nur einige Stück pro Jahr“, sagt Hellsten.
Er arbeitete an der Weiterentwicklung und Verbesserung seiner Erfindung und baute das Geschäft immer weiter aus. 2012 gab er schließlich seine Tätigkeit als Kameramann auf und widmete sich ganz der Easyrig-Produktion.
Inzwischen sind über 6.000 Easyrigs verkauft. Das in fünf verschiedenen Modellen erhältliche Tragesystem ist an Drehorten in allen Teilen der Welt zu finden. So war Easyrig zum Beispiel auch bei den Aufnahmen zu Blockbustern wie Peter Jacksons Hobbit-Trilogie und Child 44 des Regisseurs Daniel Espinosa im Einsatz.
Seit 2015 gibt es ein neues Modell, Vario 5. Die bisherigen Modelle waren mit einer Gasdruckfeder ausgestattet, die für ein bestimmtes Kameragewicht ausgelegt war. Vario 5 deckt einen Gewichtsbereich von fünf bis 17 Kilogramm ab. Über eine Stellschraube auf der Rückseite des Rigs lässt sich die Seilspannung für das jeweilige Kameramodell einstellen.
Trotz seines Erfolgs ist Hellsten bodenständig geblieben. Seine Werkstatt im nordschwedischen Umeå liegt hinter seinem Haus und wurde im Zuge des geschäftlichen Wachstums mehrmals ausgebaut. Er bevorzugt für die in seinen Rigs verarbeiteten Werkstoffe und Komponenten einheimische Lieferanten und bietet über eine örtliche Arbeitsvermittlung Schülern und Studenten Ferienjobs an.
„Wir beschäftigen jeden Sommer fünf bis sieben Schüler und Studenten, die uns helfen, ein Teilelager für die Rigs aufzubauen. Davon profitieren beide Seiten. Ich denke, mehr Unternehmen sollten Ferienjobs für Schüler und Studenten bereitstellen.“
Hellsten ist stolz darauf, dass er den Preis für das Easyrig 2.5 Modell seit 15 Jahren nicht erhöht hat.
„Ich habe genug zu essen und ein Dach über dem Kopf – mehr brauche ich nicht. Alle Kunden sind Kameraleute, also Kollegen. Der wahre Lohn ist, wenn ich irgendwo in der Welt jemanden treffe, der mir sagt ‘Johan, Easyrig war die Rettung für meinen Rücken’.“
Ruhe bitte!
Wenn der Filmregisseur die magischen Worte „Kamera ab“ ausspricht, ist es wichtig, dass keine störenden Geräusche, etwa von einem klappernden Kamerastativ, die Aufnahme verderben. Anderenfalls muss sie wiederholt werden, was zusätzliche Kosten verursacht und das Drehteam nervt.
Deshalb kam es Easyrig-Erfinder Hellsten vor allem auf Lautlosigkeit an, als er nach Lagern für das Seil in seinem Tragesystem suchte.
„Möglichst geringe Reibung und am besten keinerlei Geräusche von den Lagern – das waren meine Anforderungen“, erklärt Hellsten. „SKF konnte das bieten, weswegen ich erst gar nicht auf die Idee kam, irgendeinen anderen Lagerlieferanten zu wählen.“
Für den Easyrig werden abgedichtete einreihige Rillenkugellager verwendet.
„Ich bestelle die Lager in der Regel in Mengen von 20.000 Stück, damit wir immer welche vorrätig haben“, sagt Hellsten.