Fortschritte in der Zustandsüberwachung von Windkraftanlagen
Die Betriebsüberwachung von Windkraftanlagen ist eine große Herausforderung, da jede Windkraftanlage aufgrund von Wetterunwägbarkeiten ständigen Veränderungen ausgesetzt ist. So könnte ein Zustand, der eventuell eine hohe Belastung einiger Komponenten verursacht, fälschlicherweise als Defekt eingestuft werden. SKF hat ein neues Diagnosewerkzeug entwickelt, das Fehlalarme bei der Überwachung des Antriebsstrangs von Windkraftanlagen reduziert und damit einen bedeutenden Entwicklungsschritt darstellt.
Das neue Diagnosewerkzeug Protean wurde entwickelt, um die Anzahl der Fehlalarme zu reduzieren, indem es temporäre Belastungen von Defektzuständen unterscheidet. Protean ist speziell für die gemeinsame Nutzung mit der in der Windkraftbranche weit verbreiteten SKF @ptitude Observer CMS-Software zur Antriebsstrangüberwachung von Windkraftanlagen (WKA) ausgelegt. Es minimiert das Risiko von Fehlalarmen, so dass sich Betriebs- und Wartungstechniker sowie CMS-Mitarbeiter auf potenzielle echte Probleme konzentrieren können. Dies kann für große Windkraftanlagenflotten eine erhebliche Zeitersparnis bedeuten und das CMS-System effizienter und effektiver machen.
Funktionsweise von Protean
Im Wesentlichen erfasst Protean die Betriebsbedingungen der WKA und „lernt“ ihr normales Verhalten über die jeweiligen Zustandsindikatoren kennen. Nach einer Lernphase von etwa einer Woche legt Protean automatisch Schwellenwerte für die verschiedenen vom Bediener vorgegebenen Zustandsindikatoren fest. Zustandsindikatoren sind dafür ausgelegt, verschiedene Arten von Defekten zu erkennen, wie beispielsweise Lager- und Getriebedefekte, Unwucht etc. Diese Zustandsindikatoren werden dann für jede einzelne Maschinenkomponente konfiguriert. Das bedeutet, dass für jedes Lager mindestens ein Zustandsindikator vorhanden ist. Im Falle eines Alarms berechnet Protean den Schwellenwert neu, und zwar anhand der neuen Situation, die zum Alarm geführt hat. Daher werden neue Alarme nur dann generiert, wenn sich der Zustand verschlechtert. Auch ein einziger Zustandsindikatorwert, der über dem Schwellenwert liegt, löst noch keinen Alarm aus. Es müssen „M out of the N“ („M von N“) der letzten Zustandsindikatorwerte über dem Schwellenwert liegen, damit ein Alarm ausgelöst wird (M und N werden nach bewährten Verfahren festgelegt). Nach der Durchführung von Wartungsarbeiten stellt Protean eine Abnahme der Zustandsindikatorwerte fest und berechnet den Schwellenwert automatisch neu, um der neuen Situation Rechnung zu tragen.
Als Beispiel: Um das CMS-Systems für einen Windpark mit 20 Windkraftanlagen einzurichten, müssten etwa 1.000 Indikatoren eingestellt werden. Dies manuell zu tun, ist schlichtweg unmöglich. Durch die Anwendung von Diagnoseregeln aus der SKF @ptitude Software und die Verknüpfung mit Protean und seiner Künstlichen Intelligenz lässt sich das CMS-System jedoch schnell und einfach einrichten.
Die SKF CMS-Software ermöglicht eine Automatisierung der Diagnose, wobei der Benutzer ein mathematisches Modell des WKA-Antriebsstrangs aus der Drag-and-Drop-Komponentenbibliothek erstellen kann, d. h. z. B. elektrischer Generator, Lager, Zahnräder, Planetenstufen, Rotor etc. (Bild 1). Die Diagnoseregeln oder Zustandsindikatoren werden üblicherweise als absoluter Wert unter Verwendung der Frequenzen berechnet, die für den zu erkennenden Defekt relevant sind. Eine Diagnoseregel kombiniert die Amplituden bei bestimmten Frequenzen auf Basis der kinematischen Daten. Zudem kann der Zustandsindikatorwert auch als prozentualer Anteil am Hintergrundrauschen der Messung berechnet werden. Dadurch kann Rauschen, das früher zu einer falsch-positiven Feststellung führte, im Prinzip herausgefiltert werden. Zustandsindikatoren sind so ausgelegt, dass sie auf einen bestimmten Defekt einer Maschinenkomponente reagieren, wie beispielsweise Wellenschiefstellung, Lagerdefekt, Zahnraddefekt oder Rotorunwucht.
Die Vorteile von Protean
Im Falle einer eventuellen Lockerung einer mechanischen Welle werden die Diagnoseregeln weitgehend angewendet, wobei vordefinierte Zustandsindikatoren herausgenommen werden können (Bild 3). Die Bibliothek ermöglicht die übliche Einrichtung, und der Benutzer stellt einfach die Alarm- und Gefahrenpegel ein oder wählt „Auto“, damit die Software den Alarmpegel gemäß dem Verhalten der Maschine beim ersten Lauf kalibriert. Ohne Protean (Bild 4) reagiert das System auf die Zunahme der mechanischen Lockerheit, aber es ist ein manueller Eingriff erforderlich, um die Alarmpegel anzupassen.
Protean ist eine sehr zuverlässige Selbstdiagnose-Lösung, die eine deutliche Reduzierung von Fehlalarmen bietet, ohne dass das Risiko, Fehler zu übersehen, dabei zunimmt. Es entbindet CMS-Techniker von lästigen, sich wiederholenden Aufgaben und ermöglicht es ihnen, sich auf schwierigere Fälle zu konzentrieren. Es unterstützt und steigert die Vorteile eines gut funktionierenden CMS-Systems, indem es Störungen und andere unerwünschte Zustände frühzeitig erkennt, Abhilfemaßnahmen rechtzeitig und in geeigneter Weise plant und durchführt und so Folgeschäden an einer Maschine vermeidet.
SKF sieht Protean als einen großen Schritt nach vorn bei der Verbesserung der Erkennbarkeit, Genauigkeit und Effizienz im Bereich der Maschinenzustandsüberwachung, nicht nur bei Windkraftanlagen, sondern bei allen Arten von rotierenden Maschinen. Kontinuierliche Entwicklungen und neue Tools sind von entscheidender Bedeutung, um aus CMS eine intelligentere Technologie zu machen, die die Kunden dabei unterstützt, ihre Betriebs- und Wartungsprozesse effektiver zu gestalten.